Impuls zum 26. November 2023
Von Albert Hohmann (Föhren), pax christi Trier
Hirten und Schafe
Lesungen des Festes bringen die Bildworte vom Hirten und den Schafen die Botschaft zum Tragen.
Ezechiel 34,11-22
11 Denn so spricht Gott, der Herr: Jetzt will ich meine Schafe selber suchen und mich selber um sie kümmern.
12 Wie ein Hirt sich um die Tiere seiner Herde kümmert an dem Tag, an dem er mitten unter den Schafen ist, die sich verirrt haben, so kümmere ich mich um meine Schafe und hole sie zurück von all den Orten, wohin sie sich am dunklen, düsteren Tag zerstreut haben.
13 Ich führe sie aus den Völkern heraus, ich hole sie aus den Ländern zusammen und bringe sie in ihr Land. Ich führe sie in den Bergen Israels auf die Weide, in den Tälern und an allen bewohnten Orten des Landes.
14 Auf gute Weide will ich sie führen, im Bergland Israels werden ihre Weideplätze sein. Dort sollen sie auf guten Weideplätzen lagern, auf den Bergen Israels sollen sie fette Weide finden.
15 Ich werde meine Schafe auf die Weide führen, ich werde sie ruhen lassen - Spruch Gottes, des Herrn.
16 Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen, die fetten und starken behüten. Ich will ihr Hirt sein und für sie sorgen, wie es recht ist.
17 Ihr aber, meine Herde - so spricht Gott, der Herr -, ich sorge für Recht zwischen Schafen und Schafen, zwischen Widdern und Böcken.
Das Versagen der menschlichen Hirten, der Könige und der Eliten haben das Desaster des Untergangs Israels und Jerusalems herbeigeführt. Im Abschnitt vor der Lesung wird das Versagen dieser Hirten wie folgt beschrieben: „Weh den Hirten Israels, die nur sich selbst weiden. Müssen die Hirten nicht die Herde weiden? Ihr trinkt die Milch, nehmt die Wolle für eure Kleidung und schlachtet die fetten Tiere; aber die Herde führt ihr nicht auf die Weide. Die schwachen Tiere stärkt ihr nicht, die kranken heilt ihr nicht, die verletzten verbindet ihr nicht, die verscheuchten holt ihr nicht zurück, die verirrten sucht ihr nicht und die starken misshandelt ihr. Und weil sie keinen Hirten hatten, zerstreuten sich meine Schafe und wurden eine Beute der wilden Tiere.“ Gottes Antwort auf dieses Versagen ist, dass er sich selbst um seine „Schafe“ kümmert. Er holt sie aus der Zerstreuung und lässt sie auf den Bergen Israels fette Weide finden. Er will die verloren gegangenen Tiere suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen, die fetten und starken behüten.
Die Befreiung aus dem Exil soll allumfassend sein.
Das Bild vom sorgenden Hirten ist auch ein Spiegel, der aufzeigt, was zur Befreiung der Menschen in unserer Gesellschaft anzupacken ist.
Psalm 23 – Ein Dankgebet an Gott, den Hirten
Der HERR ist mein Hirte, darum leide ich keinen Mangel.
Er bringt mich auf Weideplätze mit saftigem Gras und führt mich zu Wasserstellen, an denen ich ausruhen kann.
Er stärkt und erfrischt meine Seele.
Er führt mich auf rechten Wegen und verbürgt sich dafür mit seinem Namen.
Selbst wenn ich durch ein finsteres Tal gehen muss, wo Todesschatten mich umgeben, fürchte ich mich vor keinem Unglück, denn du, HERR, bist bei mir! Dein Stock und dein Hirtenstab geben mir Trost.
Du lädst mich ein und deckst mir den Tisch selbst vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl, um mich zu ehren, und füllst meinen Becher bis zum Überfließen.
Nur Güte und Gnade werden mich umgeben alle Tage meines Lebens, und ich werde wohnen im Haus des HERRN für alle Zeit.
Matthäus 25,31-46
31 Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen.
32 Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet.
33 Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken.
34 Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist!
35 Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen;
36 ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.
37 Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben?
38 Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben?
39 Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?
40 Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.
41 Dann wird er zu denen auf der Linken sagen: Geht weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist!
42 Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben;
43 ich war fremd und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht.
44 Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder fremd oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen?
45 Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.
46 Und diese werden weggehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber zum ewigen Leben.
Die Gerichtsszene zeigt die Grundüberzeugung des Volkes Israel auf, dass Gott gerecht ist. Die Psalmen sind voller Anrufungen, dass Gott sich der Bedrängten erbarmt und die Frevler bestraft. Wer seiner Tora, seiner Weisung folgt, darf auf seinen Segen vertrauen. Wer sich verschließt, wird bestraft. Das entscheidende Kriterium ist das Wort des Menschensohns: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Wenn wir von Jesus Christus als König sprechen, muss deutlich werden, dass er das Gegenteil aller Könige dieser Welt ist – nicht hoch zu Ross, sondern auf einem Esel; nicht mit Zepter und Krone sondern als Geringster unter den Menschen. Er wendet sich den Mühseligen, Kranken, den verlorenen Schafen des Hauses Israels zu und verwirklicht das Erbarmen Gottes. Die Identifikation mit den Geringsten bezeugt wie sein Tod am Kreuz, dass er tief in die Leidensgeschichte der Menschheit eintaucht.
Diese Zuwendung zu den Geringsten bedarf eigentlich keiner expliziten Anleitung. Wer seine Augen und Ohren öffnet, kann sie wahrnehmen und ihnen zur Seite treten. Er kann von seinem Innersten her barmherzig sein.
Zum Abschluss und als ein Höhepunkt seiner Reise weiht Papst Franziskus ein neues, sogenanntes Haus der Barmherzigkeit in der Mongolei ein. Als neue, große Anlaufstelle für Arme, für Migranten und für Opfer häuslicher Gewalt. Auch eine Klinik für Menschen ohne festen Wohnsitz soll Teil des neuen Hauses sein. Schon zuvor hatte er die Gläubigen im Land ausdrücklich ermutigt, ihre vielen karitativen Initiativen weiter voranzutreiben: "Das ist eure Visitenkarte, die euch auch aufgrund der zahlreichen Wohltaten, die ihr vielen Menschen in verschiedenen Bereichen erwiesen habt, respektiert und geschätzt sein lässt".
Seine Sorge um die Flüchtlinge bringt er immer wieder zum Ausdruck. In der Andacht am 19.10. Sagt er: „Wie der barmherzige Samariter sind wir aufgerufen, allen Menschen, die heute unterwegs sind, zu Nächsten zu werden, um ihr Leben zu retten, ihre Wunden zu heilen, ihren Schmerz zu lindern. Für viele ist es leider zu spät und wir können nur noch an ihren Gräbern trauern, wenn sie denn eines haben. Aber der Herr kennt das Gesicht eines jeden und vergisst es nicht.
Der barmherzige Samariter beschränkt sich nicht darauf, dem armen Mann auf der Straße erste Hilfe zu leisten. Er hebt ihn auf sein Reittier, bringt ihn zu einer Herberge und sorgt für ihn. Hier erkennen wir die Bedeutung der vier Verben, die unser Handeln gegenüber den Migranten zusammenfassend beschreiben: aufnehmen, schützen, fördern und integrieren.“
Oder blicken wir auf die Tafeln in Deutschland. Sie wissen nicht mehr, wie sie den vielen Menschen – es werden immer mehr –, die nicht mit ihrem Lebensunterhalt zurechtkommen, helfen können. Möglichkeiten gibt es vielfach. In Bremen gibt es zum Beispiel eine mobile Suppenküche für Obdachlose.
Der israelische Friedensaktivist Maoz Inon hat seine beiden Eltern bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober verloren. Er sagt: Mein Schrei besteht darin, diesen Kreislauf zu stoppen, den Kreislauf des Blutvergießens zu stoppen, den Zirkel des Krieges zu stoppen. Und ich weine.“ In einem Interview mit BBC sagte er, das er nicht um seine Eltern weine, sondern um diejenigen, die in diesem Krieg ihr Leben verlieren werden. Seine Sorge gilt den bedrohten Menschen
Der Menschensohn ruft, den Nächsten wahrzunehmen und zu handeln.
Huub Oosterhuis
Der du niemand nach dem Augenschein beurteilst,
den weder Geld noch Opfer kaufen können,
der du dich durch kein Lied verleiten lässt,
der du uns vielmehr siehst, so wie wir sind -
der uns befiehlt und bittet,
aus dir zu sein, dein Sohn und Bildnis
und deine rechte Hand, die tut, was getan werden muss,
die uns befiehlt und bittet,
dass wir dem Fremden Brot und Kleidung geben -
der hofft, dass wir mit offenem Gesicht dein Leuchten weitergeben,
der uns zu einem Spiegel schleift, in dem dein Kommen sichtbar wird -
der du uns suchtest, als wir dich nicht suchten,
du überwindest täglich deinen Abscheu,
zähmst deinen Zorn, legst deinen Stolz ab,
beugst dein Herz bis zum Erbarmen und wendest dich uns zu -
der du uns mit den Augen holst, der du uns fragst:
Wer bist Du? Willst du? Also komm.
Segen (vgl. Psalm 67)
Gott sei uns gnädig, damit sich auch unsere Herzen öffnen.
Er segne uns, auf dass wir Not lindern.
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten und schenke uns seinen Frieden.